Samstag, 4. Oktober 2014

Festival oh Festival

Hey ihr Lieben, ich melde mich zurück (mehr oder weniger) live und in Farbe.
In den letzten Wochen hat sich ganz schön viel ereignet. 

Ich fang mal mit dem coolsten an: Gestern fand hier in Singida ein Festival statt, das Serengeti Fiesta.
Hier ist es so, dass ich meinen Gastpapa bei solchen Dingen, wie abends länger wegbleiben, fragen muss. Ich muss schon sagen, es ist ein sehr komisches Gefühl ihn wegen jedem Furz um Erlaubnis zu bitten. Aber so ist das nun mal, er steht in der Familienhirarchie am höchsten und wenn er mit etwas nicht einverstanden ist, dann habe ich das zu akzeptieren und da wird dann auch nicht diskutiert. Da ich dieses Gebaren von daheim nicht gewohnt bin (Danke Mama, danke Papa!) tue ich mich sehr schwer damit. Also habe ich brav gefragt, ob ich denn auf das Festival gehen darf. Irgendwie wollte er das nicht. Erst meinte er, dass das garnicht in Singida stattfindet, dann meinte er, dass das Festival nur zum Saufen da ist und Alkohol nicht gut ist und dann sagte er, dass dort gar keine Sänger auftreten würden. Jedenfalls drehte er sich irgendwann einfach weg und das Thema war beendet. Ich war schwer enttäuscht und hoffte, ihn noch irgendwie rumkriegen zu können, zumal wir hier als echt große Gruppe (Deutsche und auch Tansanier) hingehen wollten. Als sich herausstellte, dass unser Mentor Richard mitkommen würde, schöpfte ich neue Hoffnung. Rich ist ein echt cooler Typ, den man gerne bei sowas dabei hat und der da auch mitfeiert. Also schlug János vor, dass ich bis nach dem Essen warten sollte, denn dann sei mein Gastpapa sicher müde und zufrieden, und da dann nochmal um Erlaubnis fragen sollte. Und siehe da, es funktionierte. Nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, dass Rich mitkommen würde, sagte er nur: "Yes, then you may go."
Habe einen kleinen Freudenhopser unterdrücken müssen, nicht dass er denkt, ich hätte irgendwas genommen. Die Tickets für das Festival haben gerade mal 5000 Shilling gekostet, das sind umgerechnet 2,50 Euro. Obwohl ich noch keine Zusage gehabt hatte von meinem Gastpapa, hatte ich mir auch ein Ticket kaufen lassen, So viel Geld stand schließlich nicht auf dem Spiel.

Also sind wir gestern Abend zu acht aufgebrochen. Als wir vor dem Festivalgelände ankamen stand da eine rießige Schlange mit Tansaniern und ich dachte mir nur so: "Och nee, das wird Stunden dauern bis wir reinkommen." Äh tja, falsch gedacht. Ein Mann von der Crew hat uns gesehen und schwupp die wupp wurden wir an der kompletten Schlange vorbei geleitet und eingelassen. Das war echt strange, wir wurden zumindest beim Einlass wie VIPs behandelt. Ich fand es super nicht anstehen zu müssen, klar, aber ich war ziemlich schockiert darüber, dass wir, nur auf Grund unserer Hautfarbe so krass bevorzugt wurden.
Die ersten Interpreten traten schon auf und die Musik war ziemlich gut, auch wenn ich kein einziges Lied kannte. Wir kauften uns alle Bier und mussten dann leider auch dementsprechend schnell aufs Klo. Also gingen Anika (eine Mitfreiwillige aus Iguguno)  und ich mit Rich Toiletten suchen. Wir fanden sie auch, nur gab es da ein klitzekleines Problem. Wir fanden es zunächst einmal extrem witzig, dass es für so viele Menschen nur eine Toilette geben sollte und machten uns darüber lustig, dass es sowas in Deutschland nicht geben würde. Tja, doch es sollte sich herausstellen, dass es tatsächlich GARKEINE Toilette geben würde. Die Festivalveranstalter haben nämlich den Schlüssel für das Eisengitter vor der Toilettentür nicht gefunden. Irgendwie fanden wir das urkomisch. Eine Toilette aber keinen Schlüssel.
Also beschlossen wir den Graben rund um das Gelände zu nutzen. Und ich kann euch sagen, nichtmal beim Pinkeln sind die Leute zurückhaltend. Besonders die Männer empfanden uns Mädchen im Graben als totale Attraktion und ich dachte echt ich krieg nen Vogel, als viele tatsächlich versuchten, während wir da so im Graben saßen, mit uns Freundschaft zu schließen und uns alles mögliche fragten. Wir verließen den Graben also wieder so schnell wie möglich und gingen zurück zur Musik. Die meiste Zeit war es auch echt ziemlich cool, das einzige was wahnsinnig nervig war, war das angetatscht werden. Die Tatscher haben sich auch durch mehrfache starke Stöße in Bauch und Rippen nicht abwimmeln lassen. Und ich meine wirklich stark. Ich kann das beurteilen, denn ich habe in der vierten Klasse einen Selbstverteidigungskurs belegen müssen ( danke Mama). Doch zum Glück hatten wir in unserer Gruppe mehr Männer dabei als Frauen, sodass diese sich immer wieder schützend dazwischen stellten. Das witzige war, das irgendwann noch drei Mädels auf die Bühne gerufen wurden. Tansanische Mädels sind häufig etwas üppiger, so auch zwei von diesen. Die andere hingegen gertenschlank. Jedenfalls ging es wohl irgendwie daraum, welche das Publikum am besten fand. Am Anfang war alles noch ganz harmlos, ein bisschen hin und herlaufen ein bisschen tanzen. Doch gegen Ende musste das Publikum eine Entscheidung treffen und die hochmotivierten Mädels begannen einen Arschwackelcontest, der sich gewaschen hatte. Ich muss sagen, ich bin etwas neidisch geworden, keine Ahnung, wie man sein Hinterteil derart schnell bewegen kann und das auch noch im Rhytmus zur Musik :D
Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend, nur hat es irgendwann angefangen zu Regnen und mir wurde ziemlich kalt. Gegen drei Uhr sind wir dan nach Hause gegangen. Das war auch noch so eine Sache. vielleicht erinnert ihr euch an das Bild von dem Bajaji, ein paar Blogeinträge früher. Dieses Dreirad ist für Vier Personen gedacht. Wir saßen auf dem Heimweg gestern zu 8 darin. einer lag im nichtvorhandenen "Kofferraum", dann jeweils drei auf dem Schoß von anderen drei und einer vorne mit beim Fahrer auf dem Sitz. Gemütlich wars nicht, aber wir kamen alls heile an.

So, dass wars vom Festival.
In der Schule läuft es eigentlich ganz in Ordnung. Ich habe den Direktor noch mehrmals darum gebeten, mir wenigstens zu den ersten Klassen noch eine höhere Klasse dazuzugeben. Aber er bleibt leider stur. Ich muss sagen, dass ich mich gegebenenfalls etwas unwohl in seiner Gegenwart fühle. Manchmal sagt er mir bis zu 3x am Tag, wie wunderschön ich aussehen würde. Mag sein, dass er einfach nur nett sein will, aber ich finde es total unangebracht und weiß nicht, wie ich reagieren soll. Ist also nicht zwingend einfach.
Die Kinder in der Klasse freuen sich aber immer sehr auf mich. Oft wenn ich morgens das Lehrerzimmer betrete, sehe ich, wie eine der Schülerinen an meinem Platz steht und die Hefte fein säuberlich stapelt. Auch auf dem Weg zum Klassenzimmer rennen mir die Schüler immer entgegen, um mir meinen Rucksack abzunehmen, oder meine Bücher zu tragen. Sowas gleicht vieles wieder aus.
Mit den Lehrerinnen und Lehrern komme ich auch immer mehr ins Gespräch und mit den meisten verstehe ich mich echt gut. Meine Nebensitzerin im Lehrerzimmer teilt mir regelmäßig mit, dass sie aus mir, bis zum Ende des freiwilligen Jahres, eine richtig schöne, dicke Frau machen will. Andere Länder, andere Schönheitsideale. Aber nein, eigentlich absolut nicht mein Ziel. Und damit ist sie nicht die einzige. Ständig bekommt man sowas zu hören. Jetzt wurde mir sogar sowas gesagt wie: Mach lieber jetzt noch ein Foto von dir, die anderen Freiwilligen haben wir auch dick bekommen.
Abgesehen davon finden es immer alle extrem schockierend, dass ich a) noch nicht verheiratet bin und b) nicht vorhabe so schnell zu heiraten. Eine Lehrerin meinte demletzt, dass ich aber schon vorhätte, noch in diesem Jahr einen Afrikaner zu heiraten. Als ich dies verneinte fragte sich mich ziemlich schockiert, wozu ich denn dann hier sei und ob mir die tansanischen Männer nicht gefallen würden. Ich murmelte etwas von zu weiter Entfernung zu Deutschland und sah zu, dass ich das Thema wechselte.
Letzte Woche ist auch noch was lustiges passiert. Ich saß im Lehrerzimmer, als eine Lehrerin mit zwei rießigen Polstern von einem Sessel hereinkam. Sie legte diese beiden Polster in eine Ecke, platzierte sich in liegender Position gemütlich darauf, und schlief die nächsten drei Stunden. Also dachte ich mir, wenn das niemanden stört, darf ich mir das sicher auch mal erlauben. Als ich mit meinen Stunden durch war, alle Hefte korrigiert hatte und den Unterricht für den nächsten Tag vorbereitet hatte und es gerade einmal 12 Uhr war und ich wusste, dass ich noch bis um 15 Uhr bleiben musste, plazierte ich meinen Kopf auf dem Tisch und hielt ein kleines Nickerchen. Als ich nach einem halben Stündchen wohl erholt wieder aufwachte und nach draußen ging, bestürmten mich die Lehrer regelrecht :D Sie haben mich schlafen gesehen, ob ich denn so müde sei und wann ich ins Bett bin usw. Bei der anderen Lehrerin hat das niemand gejuckt, bei mir hingegen fanden das alle unheimlich interessant und ich war (mal wieder) Gesprächsthema. Und dabei ich habe mich nichtmal hingelegt. Ich werde in Zukunft versuchen weitere Schläfchen zu vermeiden.

Im Children Centre läuft es auch immer besser! Einige Kinder freuen sich inzwischen total wenn ich kommen und halten mir ihre Hände hin zum abklatschen oder begrüßen mich fröhlich. Ich habe ein kleines Mädchen namens Lisa dort kennengelernt. So ein süßes und liebes Kind. Total vertrauensvoll kletterte sie auf meinen Schoß und redete mich auf Kiswahili voll. Ich hab mit ihr Hoppe Reiter gespielt und sie hat mir ein Suaheli Spiel gezeigt. Ich habe nicht ein Wort verstanden, aber soweit ich es beurteilen kann, hat sie irgendwelche Tiere meinen Arm hochlaufen lassen. Dabei ging es darum, dass sie eine Frage gestellt hat und ich eine vorgegebene Antwort sagen musste, die sie mir immer leise ins Ohr geflüstert hat. War irgendwie echt witzig. Als sie mein Handy gesehen hat, wollte sie unbedingt Fotos machen, dabei sind die hier folgenden entstanden.
Zum Abschied nahm sie meine Hand, lächelte mich an und drückte mir einen Kuss darauf. In solchen Momenten geht mir echt das Herz auf.


Lisa und ich :)



Das ist ein Bild von den Schulkindern, alle in Uniform.


























Das sind beides Bilder von Lehrerinnen. Das obere von meiner Nebensitzerin, die aus mir eine dicke Frau machen will und das untere von Rhoda, die hier meine hauptsächliche Ansprechpartnerin an der Schule ist.

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