Donnerstag, 16. Oktober 2014

Neuste Neuigkeiten

Liebste Leserinnen und Leser,
ich dachte, ich lass mal wieder was von mir hören.

Ich beginne mit einem Wochenende, dass schon ein wenig zurück liegt. Wir sind hier in Tansania insgesamt sieben Freiwille, mehr oder weniger verstreut auf das Land. Jedenfalls beschlossen wir, dass wir uns ein Wochenende lang alle bei János treffen würden. Zwischen Freitag und Samstag trudelten also alle hier ein und ich muss sagen, dass Wochenende war einfach nur super. Eines der Hilights war ganz klar, dass wir beschlossen hatten, etwas richtig deutsches zu kochen. Also sind wir alle zusammen auf den Markt gegangen, ihr könnt euch vorstellen, dass eine so große Gruppe von Weißen etwas Aufmerksamkeit erregt, und haben dort alle Zutaten gekauft, die wir brauchten. Naja, eigentlich haben eher Anika und ich die Zutaten gekauft, da die Jungs beschlossen hatten sich Mua (Zuckerrohr) zu kaufen und die komplette Zeit damit beschäftigt waren, dieses zu Essen und zu Schälen. Man schält es mit den Zähnen, dann beißt man ein Stück ab, kaut den Saft heraus und spuckt den Rest wieder aus. Schmeckt echt gut. Da János das Zeug liebt, kam ich auch schon öfters in den Genuss davon. Aber ich muss definitiv noch meine Schältechnik verbessern. Eine ca 2 Meter lange Stange Mua kostet gerade mal 50 Cent soweit ich weiß.
Aber zurück zu unserem Essen. Wir hatten beschlossen Bratkartoffeln mit Rührei und Erbsen mit Karotten zu kochen. Und zum Nachtisch gab es Obstalat.
An dem Abend haben wir uns alle so dermaßen überfressen, da wir festgestellt haben, dass den Meisten von uns das deutsche Essen doch ganz schön fehlte. Wir waren uns (eingebildeterweise) einig, dass es das Beste war, was wir hier bisher gegessen hatten. Alles in allem ein sehr gelungenes Wochenende.

Leider hatte ich hier demletzt auch echt ein paar schlechte Erlebnisse. Ich ging wie gewöhnlich nach der Schule nach hause und wurde von allen möglichen bekannten aber meist jedoch unbekannten Personen begrüßt, als ein Mädchen, vielleicht 10 Jahre alt auf einem Fahrrad angefahren kam. Am Anfang war sie auch echt freundlich und hat mich nach meinem Namen gefragt, aber dann wurde sie zunehmend aufdringlich und fing an nach Geld zu fragen. Ich habe gesagt, dass ich keines habe, aber sie hat nur immer wieder gefragt, wieso ich ihr keines gebe. Jedenfalls wurde ich das ganze Leid und bin dann einfach weiter gelaufen. Aber sie ist mir gefolgt und hat immer wieder geschrien: „Anne give me money, give me money.“ Sie ist mir sogar bis zur Mauer um unser haus gefolgt. Ich schlüpfte durch das Tor und dachte mir: „Ein Glück, jetzt bist du sie los.“ , aber Pustekuchen. Die ist mir einfach gefolgt. Die Scheiben an den fenstern sind von außen verspiegelt, aber wenn man dicht genug seinen Kopf dagegen drückt kann man rein gucken. Und genau das hat das Mädchen an meinem Zimmerfenster gemacht. Und dann hat sie dagegen geklopft und immer weiter geschrien. Ich wusste mir nicht zu helfen, bis irgendwann Maria (das Hausmädchen), sie verscheucht hat.
Später, als ich mich auf dem Weg ins Children Centre machte, bog ich um eine Straßenecke und da stand ein junger Mann. er streckte mir die Hand zum Gruß entgegen und eigentlich wollte ich gar nicht einschlagen, da er schon etwas hämisch grinste. Aber ich habe ihm aus Höflichkeit dann doch die Hand gegeben. Jedenfalls hat er mich dann nicht mehr losgelassen, auch, als ich meine Hand ruckhaft weggezogen habe. Irgendwann habe ich mich dann mit aller Kraft dagegen gestemmt und erst dann hat er losgelassen. Er fand das alles furchtbar witzig, ich fand es einfach nur scheiße. Aber dagegen ist man halt machtlos.

Nun aber wieder zu ein paar heiteren Ereignissen. Letzten Samstag bin ich mit meinem Gastpapa losgezogen, um ein Fahrrad für mich zu kaufen. Das war echt super, dass er mitgekommen ist, denn ohne ihn hätte ich zum einen viel viel mehr bezahlen müssen und zum anderen mich nicht entsprechend in Kiswahili ausdrücken können. Wir sind also Samstag vormittags nur mit einer Stunde Verspätung aufgebrochen. Wir wollten ein Bajaji in die Stadt nehmen und sind darum ans Ende unserer Straße gelaufen. 100 Meter weiter fahren ständig Bajajis vorbei, aber mein Gastpapa wollte, trotz meines Vorschlags noch etwas weiter zu laufen, genau an dieser Straßenecke warten. Gut ich will ehrlich sein, wir standen dort eine geschlagene halbe Stunde in der Mittagshitze und ich zweifelte etwas daran, ob das mit dem Fahrrad heute noch was werden würde. Schließlich wurde es auch meinem Gastpapa zu blöd und er rief kurzerhand einen Bajajifahrer auf dem Handy an, um ihm mitzuteilen, dass wir gerne abgeholt werden würden. 2 Minuten später war das Bajaji da und wir fuhren in die Stadt.
Dort gingen wir zu einem Radladen, um die Modelle zu begutachten.

Einige waren neuer, andere weniger und manche waren gelinde gesagt schon mehr oder weniger Schrott.
Das Modell, das mein Gastpapa für mich rausgesucht hat, hatte zu dem Zeitpunkt unseres Erscheinens noch keine Räder, keine Pedale und keinen Sattel. Also wurden schnell Reifen montiert und mein Gastpapa fragte mich, ob ich es denn nun kaufen wollte. Ich war leicht verwirrt, denn erstens fehlten noch der Sattel und die Pedale und zweitens war ich auch noch nicht Probegefahren. Das teilte ich ihm umgehend mit und er meinte daraufhin: „Ja, wie willst du denn ohne Sattel und Pedale Probe fahren?“ Da war ich noch mehr verwirrt. Sollte ich jetzt ein Rad ohne Sattel und Pedale kaufen? Ich habe dann gesagt, dass ich kein Rad kaufen würde ohne es ausprobiert zu haben und dass sie ja alles schnell dran montieren könnten. Innerhalb von 5 Minuten war das Rad komplett und ich konnte es testen. Ich war soweit zufrieden und der Preis schien auch okey zu sein. Mein Gastpapa hat dann netterweise noch darauf bestanden, dass ich mir einen anderen Sattel raus suchen durfte, da der, den sie dran montiert hatten, schon reichlich mitgenommen aussah. Zudem hat er gleich noch einen Mann angeheuert, der mein Fahrrad innerhalb von einer Stunde soweit instand gesetzt hat, dass ich damit fahren und bremsen kann und es wie geschmiert läuft. Insgesamt habe ich für das Fahrrad 50 Euro gezahlt. Ich beschloss, die eine Stunde, die der Reparateur benötigte, in der Stadt zu warten, um dann direkt mit dem Rad heimzufahren.
Ich wusste noch nicht, was ich in der Zeit tun sollte, doch dieses Problem löste sich innerhalb von 5 Minuten in Luft auf. Ich schlenderte die Straße entlang und habe mich kurz vor einem Laden in den Schatten gesetzt, als ein Mann mich ansprach. Er war echt freundlich und unaufdringlich und erzählte mir, dass er uns beim Festival als Gruppe gesehen hatte. Jedenfalls verwickelte er mich so sehr in ein Gespräch, dass ich tatsächlich irgendwann mit Verwunderung feststellen musste, dass die Stunde bereits vorbei war und ich nun mein Rad abholen konnte. Unter anderem wollte er von mir wissen, wie er es anstellen könnte, Geschäftsmann zu werden. Er erzählte mir, dass er gerne nach Gold schürfen, dieses weiterverarbeiten und anschließend verkaufen würde. Ich erklärte ihm, dass ich nicht die geringste Ahnung davon habe und ihm leider nicht weiterhelfen könnte. Aber er wollte sich gar nicht damit zufrieden geben und fragte mich stattdessen, wie ich es denn anstellen würde an seiner Stelle. Ich glaube nicht, dass ich ihm irgendwie weiter helfen konnte, aber er schien total happy darüber zu sein. War echt ein nettes Erlebnis!

Seit ich das Rad habe, nutze ich es eifrig, was jedoch oftmals wesentlich schwieriger ist, als ihr es euch nun vielleicht vorstellt. Das eine große Problem sind die Straßen. Oftmals sind ziemlich große Steine so halb in der Straße vergraben, um die man drum rum fahren muss, aber dass ist noch das kleiner Problem. Wirklich schwierig ist es, da auf der Straße ziemlich viel Sand ist, um nicht zu sagen richtige Sandlöcher. Bei Gegenverkehr kann man diesen Löchern nicht ausweichen und man schlittert volle Kanne rein. Wenn man schnell genug ist und der Sand nicht all zu tief ist, kommt man manchmal durch so ein Loch durch. Aber beispielsweise heute ist es mir passiert, dass der Sand leider zu tief war und ich mit meinem Fahrrad einfach umgekippt bin. Das fanden die umstehenden hier so urkomisch. Aber wahrscheinlich hätte ich auch gelacht wenn ich mich gesehen hätte. Zudem ist es in Singida ziemlich windig. Manchmal ist der Gegenwind so stark, dass ich fast stehen bleibe, zumal mein Fahrrad keine Gänge hat. Außerdem wird hier überall so ein Aufstand gemacht wenn ich vorbei fahre. Irgendwelche Begrüßungen oder sonstige Sprüche werden mir zugeschrien. Ich habe mit meinem Gastpapa darüber geredet und er meinte, dass es nicht unbedingt gewöhnlich ist, dass eine Frau hier Fahrrad fährt. Heute habe ich zum ersten Mal noch ein anderes Mädchen auf einem Rad gesehen. Die Leute werden sich schon noch an meinen Anblick (ob mit oder ohne Rad) gewöhnen.

In der Schule läuft es gerade auch ganz gut. Ich habe euch ja erzählt, dass ich jeden Tag alle Hefte meiner Schüler korrigiere. Da die Erstklässler noch sehr schlechte Abschreiber sind und unheimlich viele Fehler machen bzw oftmals einfach einen Satz oder ein Wort nicht zu Ende schreiben, weil sie am Ende einer Zeile angelangt sind, habe ich mir eine Art Motivation überlegt. Ich habe aus Deutschland Stempel mitgebracht und immer, wenn ein Schüler oder eine Schülerin keine Fehler bei einem kompletten Aufschrieb macht, bekommt er oder sie einen Stempel drunter. Am Anfang waren die Schüler noch etwas verwirrt, aber wenn jetzt die Hefte am Anfang der Stunde ausgeteilt werden, dann schlagen alle ganz aufgeregt die Hefte auf, um nachzuschauen, ob sie einen Stempel drin haben.
Einige Lehrer im Lehrerzimmer haben mich nach dem Stempel gefragt, was das ist usw.
Doch zwei Lehrer waren besonders interessiert. Am Ende eines Schultages waren wir noch zu dritt im Lehrerzimmer und da kam der eine Lehrer auf mich zu und fragte mich, ob er ein Foto von mir und dem Stempel machen dürfte. Ich war leicht verwirrt aber habe zugestimmt. Also hat er ein Foto gemacht und wollte den Stempel selbst einmal ausprobieren. Er war davon so begeistert, dass er auch noch ein Video von mir gemacht hat, wie ich damit Stempel. Ich weiß echt nicht wofür er das verwenden will. Die andere Lehrerin war auch total begeistert, aber mehr auf den Aspekt des Belohnens der Schüler bezogen. Sie fragte mich, wann denn ein Schüler ein Stempel bekommt und ob sie sich darüber freuen würden und wo sie das auch kaufen könnte. Ich musste ihr mit bedauern mitteilen, dass ich hier noch keine Stempel gesehen hatte. Sie schien ziemlich geknickt. Sie meinte, sie wollte das bei ihren Schülern auch gerne mal ausprobieren. Da ich ein ganzes Mäppchen voller Stempel dabei habe, habe ich ihr einen geschenkt. Sie hat sich so gefreut und sich mindestens 5x bedankt.
Auch mit den Schülern läuft es zunehmend besser. Ich habe mich total gefreut, als ich heute eine Aufgabe an die Tafel geschrieben hatte und einige Schüler tatsächlich die richtigen Antworten wussten. Man muss sich hier ins Gedächtnis rufen, dass Erstklässler in Deutschland  gerade mal lesen, schreiben und rechnen lernen, aber noch lange kein Englisch, außer vielleicht ein paar Liedchen. Ein äußerst aufmüpfiges Mädchen hatte alle Antworten richtig gewusst und daraufhin habe ich sie vor der Klasse gelobt. Sie hat sich ziemlich darüber gefreut. Als Lärm in der Klasse ausbrach , ist sie sogar aufgestanden und hat ganz laut gerufen: „Die Lehrerin hat gesagt, wir sollen leise sein“ , und das, obwohl sie sonst eigentlich die Anführerin der Unruhestifter ist. Das hat mich wiederum sehr happy gemacht.
Demletzt ist auch noch was lustiges passiert in der Schule. Es war ein wirklich mega heißer Tag und ich hatte ein schwarzes Kleid an. In die Schule muss ich entweder Kleider oder Röcke tragen. Allgemein sieht man hier selten Frauen mit Hosen. Auf jeden Fall hat das Kleid schon sehr viel von meinen Schultern bedeckt, aber eben doch nicht alles. Ihr müsst wissen, dass man hier Schultern und Knie stets bedeckt hält. Als Frau sowieso. Aber ich bin fast eingegangen und habe also mein Strickjäckchen abgelegt. Es ist ja nicht so, dass ich  halbnackt auf dem Schulhof rumspaziert bin. Ich bin sogar ziemlich friedlich nur auf meinem Stuhl im Lehrerzimmer gesessen und habe die Hefte korrigiert, als auf einmal voll das Getuschel und Geraune losging. Irgendwann wurde mir bewusst, dass mich irgendwie alle anguckten und dann platzte es förmlich aus einer Lehrerin raus, welche rief: „Schaut mal Leute, Anne zeigt ihre Arme!“. Das fanden alle so furchtbar lustig, dass erstmals 5 Minuten lang über meine Arme gelacht und geredet wurde. Hat mich zunächst nicht weiter gestört, aber irgendwann hatte ich genug und hab mein Jäckchen wieder angezogen. Nur um es kurz darauf wieder auszuziehen, ohne scheiß, es hatte mindestens 32 Grad. Da ging das Spiel dann wieder von vorne los, aber irgendwann sind selbst meine Arme wohl langweilig geworden :D

Im Children Centre waren heute einiger jüngere Kinder, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Darunter war auch ein kleines vierjähriges Mädchen. Am Anfang war sie total scheu, aber als sie sah, wie einige andere Mädchen um mich herum sprangen und mit meinen Haaren spielten oder sich von hinten anschlichen und probierten mir die Augen zuzuhalten, traute sie sich auch in meine Nähe. Nachdem sie einmal auf meinem Schoß gesessen hatte, ist sie mir wirklich den kompletten Nachmittag nicht einmal von der Seite gewichen. Egal wo ich hin bin, egal ob ich wo mit angepackt habe, einfach nur rumsaß oder mit anderen Kindern gespielt habe, sie war keinen halben Meter von mir entfernt. Mama Jessica, die Leiterin fand das total lustig, da die Kleine auch mit in die Räume gelaufen ist, wo sonst nur die Mitarbeiter hingehen.

Später bin ich dann noch zu János gefahren. Wir sind heute das Projekt: Anne-schneidet-János-mit-einer-Papierschere-die-Haare angegangen. János hat vor ein paar Tage einen Kamm und eine Schere für umgerechnet 50 Cent erstanden. Leider gab es keine Haarscheren, was ja irgendwie logisch ist, da die Haare der Einheimischen komplett anders sind als unsere Haare. Also musste ich mit einer Papierschere ans Werk gehen. War irgendwie lustig. Nicht dass ich davon eine Ahnung hätte wie man Haare schneidet, oder es jemals davor auch nur mit einer Haarschneideschere geübt hätte. Aber János hat mich heute ein bisschen überrumpelt und da google uns leider keine vernünftigen Vorschläge liefern wollte, wie man Haare schneidet, haben wir es so versuchen müssen. Dafür ist es echt nicht schlecht geworden. Wobei ich sagen muss, dass das Licht nicht soo toll war und ich auch meine Brille nicht auf hatte. Aber János schon, darum vertraue ich darauf,dass er es etwas besser gesehen hat, als ich :D 

Soooo, das wars mal wieder fürs Erste. Ich hoff ihr seit bei dem langen Text nicht eingeschlafen. 

(Gell Schwesterchen, nicht so wie du, wenn du nen Film schaust :D )
Spaß beiseite, ich melde mich bald wieder :)

Samstag, 4. Oktober 2014

Festival oh Festival

Hey ihr Lieben, ich melde mich zurück (mehr oder weniger) live und in Farbe.
In den letzten Wochen hat sich ganz schön viel ereignet. 

Ich fang mal mit dem coolsten an: Gestern fand hier in Singida ein Festival statt, das Serengeti Fiesta.
Hier ist es so, dass ich meinen Gastpapa bei solchen Dingen, wie abends länger wegbleiben, fragen muss. Ich muss schon sagen, es ist ein sehr komisches Gefühl ihn wegen jedem Furz um Erlaubnis zu bitten. Aber so ist das nun mal, er steht in der Familienhirarchie am höchsten und wenn er mit etwas nicht einverstanden ist, dann habe ich das zu akzeptieren und da wird dann auch nicht diskutiert. Da ich dieses Gebaren von daheim nicht gewohnt bin (Danke Mama, danke Papa!) tue ich mich sehr schwer damit. Also habe ich brav gefragt, ob ich denn auf das Festival gehen darf. Irgendwie wollte er das nicht. Erst meinte er, dass das garnicht in Singida stattfindet, dann meinte er, dass das Festival nur zum Saufen da ist und Alkohol nicht gut ist und dann sagte er, dass dort gar keine Sänger auftreten würden. Jedenfalls drehte er sich irgendwann einfach weg und das Thema war beendet. Ich war schwer enttäuscht und hoffte, ihn noch irgendwie rumkriegen zu können, zumal wir hier als echt große Gruppe (Deutsche und auch Tansanier) hingehen wollten. Als sich herausstellte, dass unser Mentor Richard mitkommen würde, schöpfte ich neue Hoffnung. Rich ist ein echt cooler Typ, den man gerne bei sowas dabei hat und der da auch mitfeiert. Also schlug János vor, dass ich bis nach dem Essen warten sollte, denn dann sei mein Gastpapa sicher müde und zufrieden, und da dann nochmal um Erlaubnis fragen sollte. Und siehe da, es funktionierte. Nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, dass Rich mitkommen würde, sagte er nur: "Yes, then you may go."
Habe einen kleinen Freudenhopser unterdrücken müssen, nicht dass er denkt, ich hätte irgendwas genommen. Die Tickets für das Festival haben gerade mal 5000 Shilling gekostet, das sind umgerechnet 2,50 Euro. Obwohl ich noch keine Zusage gehabt hatte von meinem Gastpapa, hatte ich mir auch ein Ticket kaufen lassen, So viel Geld stand schließlich nicht auf dem Spiel.

Also sind wir gestern Abend zu acht aufgebrochen. Als wir vor dem Festivalgelände ankamen stand da eine rießige Schlange mit Tansaniern und ich dachte mir nur so: "Och nee, das wird Stunden dauern bis wir reinkommen." Äh tja, falsch gedacht. Ein Mann von der Crew hat uns gesehen und schwupp die wupp wurden wir an der kompletten Schlange vorbei geleitet und eingelassen. Das war echt strange, wir wurden zumindest beim Einlass wie VIPs behandelt. Ich fand es super nicht anstehen zu müssen, klar, aber ich war ziemlich schockiert darüber, dass wir, nur auf Grund unserer Hautfarbe so krass bevorzugt wurden.
Die ersten Interpreten traten schon auf und die Musik war ziemlich gut, auch wenn ich kein einziges Lied kannte. Wir kauften uns alle Bier und mussten dann leider auch dementsprechend schnell aufs Klo. Also gingen Anika (eine Mitfreiwillige aus Iguguno)  und ich mit Rich Toiletten suchen. Wir fanden sie auch, nur gab es da ein klitzekleines Problem. Wir fanden es zunächst einmal extrem witzig, dass es für so viele Menschen nur eine Toilette geben sollte und machten uns darüber lustig, dass es sowas in Deutschland nicht geben würde. Tja, doch es sollte sich herausstellen, dass es tatsächlich GARKEINE Toilette geben würde. Die Festivalveranstalter haben nämlich den Schlüssel für das Eisengitter vor der Toilettentür nicht gefunden. Irgendwie fanden wir das urkomisch. Eine Toilette aber keinen Schlüssel.
Also beschlossen wir den Graben rund um das Gelände zu nutzen. Und ich kann euch sagen, nichtmal beim Pinkeln sind die Leute zurückhaltend. Besonders die Männer empfanden uns Mädchen im Graben als totale Attraktion und ich dachte echt ich krieg nen Vogel, als viele tatsächlich versuchten, während wir da so im Graben saßen, mit uns Freundschaft zu schließen und uns alles mögliche fragten. Wir verließen den Graben also wieder so schnell wie möglich und gingen zurück zur Musik. Die meiste Zeit war es auch echt ziemlich cool, das einzige was wahnsinnig nervig war, war das angetatscht werden. Die Tatscher haben sich auch durch mehrfache starke Stöße in Bauch und Rippen nicht abwimmeln lassen. Und ich meine wirklich stark. Ich kann das beurteilen, denn ich habe in der vierten Klasse einen Selbstverteidigungskurs belegen müssen ( danke Mama). Doch zum Glück hatten wir in unserer Gruppe mehr Männer dabei als Frauen, sodass diese sich immer wieder schützend dazwischen stellten. Das witzige war, das irgendwann noch drei Mädels auf die Bühne gerufen wurden. Tansanische Mädels sind häufig etwas üppiger, so auch zwei von diesen. Die andere hingegen gertenschlank. Jedenfalls ging es wohl irgendwie daraum, welche das Publikum am besten fand. Am Anfang war alles noch ganz harmlos, ein bisschen hin und herlaufen ein bisschen tanzen. Doch gegen Ende musste das Publikum eine Entscheidung treffen und die hochmotivierten Mädels begannen einen Arschwackelcontest, der sich gewaschen hatte. Ich muss sagen, ich bin etwas neidisch geworden, keine Ahnung, wie man sein Hinterteil derart schnell bewegen kann und das auch noch im Rhytmus zur Musik :D
Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend, nur hat es irgendwann angefangen zu Regnen und mir wurde ziemlich kalt. Gegen drei Uhr sind wir dan nach Hause gegangen. Das war auch noch so eine Sache. vielleicht erinnert ihr euch an das Bild von dem Bajaji, ein paar Blogeinträge früher. Dieses Dreirad ist für Vier Personen gedacht. Wir saßen auf dem Heimweg gestern zu 8 darin. einer lag im nichtvorhandenen "Kofferraum", dann jeweils drei auf dem Schoß von anderen drei und einer vorne mit beim Fahrer auf dem Sitz. Gemütlich wars nicht, aber wir kamen alls heile an.

So, dass wars vom Festival.
In der Schule läuft es eigentlich ganz in Ordnung. Ich habe den Direktor noch mehrmals darum gebeten, mir wenigstens zu den ersten Klassen noch eine höhere Klasse dazuzugeben. Aber er bleibt leider stur. Ich muss sagen, dass ich mich gegebenenfalls etwas unwohl in seiner Gegenwart fühle. Manchmal sagt er mir bis zu 3x am Tag, wie wunderschön ich aussehen würde. Mag sein, dass er einfach nur nett sein will, aber ich finde es total unangebracht und weiß nicht, wie ich reagieren soll. Ist also nicht zwingend einfach.
Die Kinder in der Klasse freuen sich aber immer sehr auf mich. Oft wenn ich morgens das Lehrerzimmer betrete, sehe ich, wie eine der Schülerinen an meinem Platz steht und die Hefte fein säuberlich stapelt. Auch auf dem Weg zum Klassenzimmer rennen mir die Schüler immer entgegen, um mir meinen Rucksack abzunehmen, oder meine Bücher zu tragen. Sowas gleicht vieles wieder aus.
Mit den Lehrerinnen und Lehrern komme ich auch immer mehr ins Gespräch und mit den meisten verstehe ich mich echt gut. Meine Nebensitzerin im Lehrerzimmer teilt mir regelmäßig mit, dass sie aus mir, bis zum Ende des freiwilligen Jahres, eine richtig schöne, dicke Frau machen will. Andere Länder, andere Schönheitsideale. Aber nein, eigentlich absolut nicht mein Ziel. Und damit ist sie nicht die einzige. Ständig bekommt man sowas zu hören. Jetzt wurde mir sogar sowas gesagt wie: Mach lieber jetzt noch ein Foto von dir, die anderen Freiwilligen haben wir auch dick bekommen.
Abgesehen davon finden es immer alle extrem schockierend, dass ich a) noch nicht verheiratet bin und b) nicht vorhabe so schnell zu heiraten. Eine Lehrerin meinte demletzt, dass ich aber schon vorhätte, noch in diesem Jahr einen Afrikaner zu heiraten. Als ich dies verneinte fragte sich mich ziemlich schockiert, wozu ich denn dann hier sei und ob mir die tansanischen Männer nicht gefallen würden. Ich murmelte etwas von zu weiter Entfernung zu Deutschland und sah zu, dass ich das Thema wechselte.
Letzte Woche ist auch noch was lustiges passiert. Ich saß im Lehrerzimmer, als eine Lehrerin mit zwei rießigen Polstern von einem Sessel hereinkam. Sie legte diese beiden Polster in eine Ecke, platzierte sich in liegender Position gemütlich darauf, und schlief die nächsten drei Stunden. Also dachte ich mir, wenn das niemanden stört, darf ich mir das sicher auch mal erlauben. Als ich mit meinen Stunden durch war, alle Hefte korrigiert hatte und den Unterricht für den nächsten Tag vorbereitet hatte und es gerade einmal 12 Uhr war und ich wusste, dass ich noch bis um 15 Uhr bleiben musste, plazierte ich meinen Kopf auf dem Tisch und hielt ein kleines Nickerchen. Als ich nach einem halben Stündchen wohl erholt wieder aufwachte und nach draußen ging, bestürmten mich die Lehrer regelrecht :D Sie haben mich schlafen gesehen, ob ich denn so müde sei und wann ich ins Bett bin usw. Bei der anderen Lehrerin hat das niemand gejuckt, bei mir hingegen fanden das alle unheimlich interessant und ich war (mal wieder) Gesprächsthema. Und dabei ich habe mich nichtmal hingelegt. Ich werde in Zukunft versuchen weitere Schläfchen zu vermeiden.

Im Children Centre läuft es auch immer besser! Einige Kinder freuen sich inzwischen total wenn ich kommen und halten mir ihre Hände hin zum abklatschen oder begrüßen mich fröhlich. Ich habe ein kleines Mädchen namens Lisa dort kennengelernt. So ein süßes und liebes Kind. Total vertrauensvoll kletterte sie auf meinen Schoß und redete mich auf Kiswahili voll. Ich hab mit ihr Hoppe Reiter gespielt und sie hat mir ein Suaheli Spiel gezeigt. Ich habe nicht ein Wort verstanden, aber soweit ich es beurteilen kann, hat sie irgendwelche Tiere meinen Arm hochlaufen lassen. Dabei ging es darum, dass sie eine Frage gestellt hat und ich eine vorgegebene Antwort sagen musste, die sie mir immer leise ins Ohr geflüstert hat. War irgendwie echt witzig. Als sie mein Handy gesehen hat, wollte sie unbedingt Fotos machen, dabei sind die hier folgenden entstanden.
Zum Abschied nahm sie meine Hand, lächelte mich an und drückte mir einen Kuss darauf. In solchen Momenten geht mir echt das Herz auf.


Lisa und ich :)



Das ist ein Bild von den Schulkindern, alle in Uniform.


























Das sind beides Bilder von Lehrerinnen. Das obere von meiner Nebensitzerin, die aus mir eine dicke Frau machen will und das untere von Rhoda, die hier meine hauptsächliche Ansprechpartnerin an der Schule ist.